Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland sei in der geplanten Form „eine einzige Katastrophe“ erklärte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Rainer Haseloff (CDU), im Bundesrat. Viele seiner Kollegen fanden ähnlich klare Worte.
Bis Jahresende soll Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz entfernt und damit legalisiert werden. Das geplante Cannabisgesetz (CanG) regelt, wie und unter welchen Bedingungen das geschehen soll. Demnach wäre für volljährige Deutsche der Besitz von 25 Gramm straffrei. Sie könnten bis zu drei Pflanzen selbst anbauen. Und Cannabis Clubs („Anbauvereinigungen“) sind für alle da, die es legal erwerben wollen.
Auf dem Weg zur Legalisierung muss der Deutsche Bundesrat zwar nicht zustimmen. Kommentieren können die Parlamentarier aber dennoch und Nachbesserungen fordern. Schließlich haben die Länder und Kommunen ebenfalls viele Aufgaben zu übernehmen.
„Förderprogramm für die organisierte Kriminalität“
„Aus meiner Sicht ist das Gesetz ein Förderprogramm für die organisierte Kriminalität. Es erschwert auch die Strafverfolgungsmöglichkeiten in diesem Bereich“, sagte nun Brandenburger Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU). Sie rechnet mit einem Anstieg der Kriminalität, während das Gesetz selbst als Ziel nennt, den Schwarzmarkt einzudämmen.
Sie zweifelte auch die erhofften Einsparungen bei Strafverfolgungsbehörden und Gerichten an. Der Gesetzentwurf spricht von jährlichen Einsparungen für die Polizei in Höhe von 800 Millionen und bei der Justiz von 220 Millionen Euro. Eine Studie der Uni Düsseldorf zum Cannabismarkt in Deutschland geht gar von 1 Milliarde Euro und 300 Millionen Euro aus. „Ich rechne als eine Folge mit mehr Strafverfahren, und die Ermittlungen in diesem Bereich werden personalintensiver sein“, sagte Hoffmann laut rbb.
„Kontrollverlust mit Ansage“
Das ähnelt der Kritik des Fachanwalts Kai-Friedrich Niermann, aber aus einer anderen Richtung: Im Gespräch mit yippy sah er eine Klagewelle auf die Gerichte zukommen. „Wenn man einen Bußgeldbescheid oder eine Strafe bekommen hat oder ein Antrag nicht gewährt wurde, dann geht man halt vor Gericht.“
Einig scheinen sich die Kritiker von beiden Seiten der Diskussion außerdem dabei, dass viele Regelungen im Cannabisgesetz praxisfern und nicht durchsetzbar sind. Dazu gehören die „Schutzzonen“ von 200 Metern rund um Kinder- und Jugendeinrichtungen. Die wurde sowohl von der Länderkammer kritisiert als auch von Fachverbänden. Vorgaben und Kontrollaufgaben für Polizei und Justiz seien nicht praxistauglich, sagte nun laut tagesschau etwa Ministerpräsident Reiner Haseloff. „Zahlreiche Einzelfragen werden zu massiven bürokratischen Hürden führen, die einer Zurückdrängung des illegalen Marktes entgegenwirken“, hatte der Branchenverband der Cannabiswirtschaft in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf erklärt.
Von einem „Kontrollverlust mit Ansage“ sprach Bayerns Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, Florian Herrmann (CSU). Er verwies auf Warnungen von Medizinern und Politikern vor gesundheitlichen Risiken. Das gelte vor allem für junge Erwachsene.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) fürchtet wiederum, dass die Legalisierung Anreize für Neukonsumenten schaffe. Zudem bedeute es zusätzliche Belastungen für jene Bundesländer, die an einen anderen Staat grenzen – Stichwort: Cannabistourismus.
Wie geht es nun weiter?
Der Bundesrat fordert nun Änderungen am Gesetzentwurf wie zum Beispiel:
- Festlegung von Standards für die Sicherung von Anbaueinrichtungen
- gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards für Gesundheits- und Jugendschutzkonzepte
- Ermittlung von Grenzwerten für Cannabis am Steuer
Die Ländern fordern außerdem, dass für sie durch ihre neuen Kontroll- und Vollzugsaufgaben kein zusätzlicher Personal- und Finanzbedarf entsteht.
Im nächsten Schritt wird sich nun die Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates äußern und dies dem Bundestag vorlegen. Beschließt das Parlament das Gesetz, gibt es eine weitere Runde im Bundesrat. Die Länderkammer kann darüber beraten, das Gesetz aber nicht mehr stoppen. Entsprechende Anträge, es doch im Bundesrat zustimmungspflichtig zu machen oder es gar komplett abzulehnen, fanden keine Mehrheit.
Ob das Gesetz durch diese Überarbeitungen nun tatsächlich besser wird, scheint zumindest zweifelhaft. Bereits der aktuelle Entwurf ist im internationalen Vergleich streng und kompliziert. Vor allem die Regelungen zu Cannabis Social Clubs sind komplex und die Strafen teils überraschend hoch.