Vitamin D-Wert zu niedrig trotz Einnahme: Berechnen und Ursachen
Vitamin D bezeichnen viele gerne scherzhaft als Sonnenvitamin. Es handelt sich dabei um das einzige Vitamin, das der Mensch im Prinzip selbst herstellen kann. Dafür braucht er allerdings Sonnenlicht, denn die Umwandlung der Vorstufen erfolgt in der Haut nur unter UV-Bestrahlung. Selbst wenn man vorsorglich Vitamin D-Präparate einnimmt, bleibt bisweilen der Vitamin D-Wert im Blut zu niedrig. Wie kommt das?
Vitamin D-Wert zu niedrig – Woher kommt das Vitamin D überhaupt?
Vitamine sind Substanzen, die für den Körper essenziell sind und von denen er nur geringe Mengen benötigt. Allerdings kann er sie nicht selbst herstellen und muss sie daher mit der Nahrung aufnehmen. Bei Vitamin D handelt es sich dabei um die beiden Hauptformen Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholecalciferol). Ersteres ist in pflanzlicher, zweiteres in tierischer Nahrung enthalten. Allerdings in so geringen Mengen, dass die normale Zufuhr über die Ernährung nicht zur Deckung des tatsächlichen Bedarfes ausreicht und der Vitamin D-Wert zu niedrig bleibt.
Vitamin D stellt unter den Vitaminen insofern eine Ausnahme dar, als dass nur 5–20 % davon mit der Nahrung in den Körper gelangen. Den großen Rest synthetisiert der Körper selbst in der Haut, wo unter UVB-Bestrahlung eine Umwandlung der Vorstufen in Cholecalciferol stattfindet. Die Leber macht daraus das wirksame Calcidiol (25-Hydroxy-Vitamin D).
Calcidiol dient in erster Linie als Vitamin D-Speicher und Zirkulationsform, die man auch mit dem Blutwert misst. Noch wesentlich wirksamer ist die doppelt hydroxylierte Form Calcitriol (1,25-Hydroxy-Vitamin D), das als Hormon wirkt und nach Bindung an spezielle Rezeptoren in den Zellkern gelangt. Dort steuert es die Ablesung bestimmter Gene in RNA. Seine Hauptaufgabe ist es, den Calcium-Spiegel im Blut auf einem bestimmten Niveau zu halten. Denn Calcium ist für eine ganze Reihe von Stoffwechselvorgängen wichtig, etwa Knochenaufbau, Blutgerinnung oder Immunsystem.
Was bedeutet der Vitamin D- Speicher
Vitamin D ist wie die Vitamine A, E und K fettlöslich. Daher wird es nicht wie Vitamin C und andere wasserlösliche Vitamine bei Überschuss über die Nieren ausgeschieden. Was er aktuell nicht benötigt, speichert der Körper im Fett- und Muskelgewebe. Aus dieser Reserve lässt es sich dann nach Bedarf reaktivieren. Dieser Speicher ist vor allem für den lichtarmen Winter von Bedeutung, in dem der Körper mehr Vitamin D-Wert verbraucht als bildet. Sind die Vorräte aufgebraucht, wird der Vitamin D-Wert zu niedrig.
Wann und bei wem ist der Vitamin D-Wert zu niedrig?
Der Normbereich des Vitamin D im Blut liegt zwischen 30 und 60 Nanogramm pro Millilitern Serum. Sinkt er wesentlich darunter, spricht man von einem Vitamin D-Mangel (Hypovitaminose). Der ist weit verbreitet: Rund 40 Prozent aller Deutschen leiden an einem leichten Vitamin D-Mangel (16–90 ng/ml), bei etwa zwei Prozent ist der Vitamin D-Wert sogar viel zu niedrig (unter 6 ng/ml). Das ist vor allem nach dem Winter der Fall, wenn die Reserven im Fettspeicher aufgebraucht sind. Besonders oft fällt der Vitamin D-Wert zu niedrig aus, wenn sich Menschen vorwiegend in geschlossenen Räumen aufhalten, wie bettlägrige oder alte Patienten. Gleiches gilt für Schichtarbeiter und Büro-Junkies, die selten das Tageslicht zu sehen bekommen. Aber auch Fettleibigkeit (Adipositas) wirkt sich auf den Vitamin D-Spiegel aus.
Wie findet man heraus, ob der Vitamin D-Wert zu niedrig ist?
Wenn Sie wissen möchten, ob Ihr Vitamin D-Wert zu niedrig ist, können Sie einen solchen Test von Ihrem Hausarzt vornehmen lassen. Ihre Krankenkasse übernimmt die Kosten, wenn ein begründeter medizinischer Verdacht vorliegt, etwa bei Osteoporose oder Rachitis. Alternativ dazu sind Schnelltests in der Apotheke erhältlich, bei denen ein Tropfen Blut aus der Fingerkuppe in einem Röhrchen von einem Labor untersucht wird.
Trotzdem sollten Sie sich immer mit Ihrem behandelnden Arzt absprechen, bevor Sie große Mengen Vitamin D zu sich nehmen. Denn nicht nur ein Mangel, sondern auch ein Überschuss kann auf Dauer gefährlich werden. Zu viel Vitamin D scheidet der Körper nicht einfach wieder aus, sondern speichert es im Fettgewebe. So kann es zu einem Vitamin D-Überschuss (Hypervitaminose) kommen, im Extremfall zu einer Vitamin D-Vergiftung. Diese äußert sich in stark erhöhten Calciumwerten im Blut (Hyperkalzämie) und Urin (Hyperkalzurie). Das führt zu beschleunigter Arterienverkalkung, schlimmstenfalls Herzinfarkten und Schlaganfällen und Beeinträchtigungen der Nierenfunktion bis hin zum Nierenversagen.
Wie kann ich mit dem Vitamin D-Wert meinen Bedarf errechnen?
Vielleicht haben Sie Ihren persönlichen Bedarf ausgerechnet und wundern sich jetzt, dass Ihr Vitamin D-Wert immer noch zu niedrig ist? Im Internet kursieren mittlerweile etliche Vitamin D-Rechner, mit denen eine solche Berechnung möglich ist. Dafür benötigen Sie folgende Angaben:
- Ihr Körpergewicht in Kilogramm
- Ihren aktuellen Vitamin D-Blutwert in ng/ml
- Den erwünschten Vitamin D-Zielwert (30-60 ng/ml)
- Die Anzahl der Tage, innerhalb derer der Zielwert erreicht werden soll.
Vorgegeben sind meist
- die Blutspiegelerhöhung um 1 Nanogramm pro Milliliter Serum und Kilogramm Körpergewicht pro Tag mit 140 I.E. und
- eine tägliche Vitamin D-Verlustrate von 0,83 %.
Nach der Eingabe der entsprechenden Zahlen berechnet das Programm die notwendige Tagesdosis bis zum Erreichen des Zielwertes und die danach notwendige Erhaltungsdosis, um diesen beibehalten zu können.
Klingt erst einmal sehr überzeugend, hat allerdings den kleinen Nachteil, dass der Mensch nicht wie ein Taschenrechner funktioniert. Viele Leute glauben, Sie könnten in ein solches Programm ihre Werte eintragen und die auf fünf Nachkommastellen genau angegebene Tagesdosis würde zum Ziel führen. Die Berechnung hapert jedoch schon bei der ersten und zweiten Stelle vor dem Komma.
Denn der Vitamin D-Spiegel hängt von vielen weiteren Faktoren ab, die ein solches Programm unmöglich alle erfassen kann: Alter, Aufnahmevermögen des Darms, zusätzliche UVB-Einstrahlung auf die Haut, die dabei freiliegende Hautoberfläche, Körperfett, Wechselwirkungen mit Nahrungs- und Arzneimitteln und vieles mehr.
Daher können die Werte aus einem Vitamin D-Rechner bestenfalls einen groben Richtwert liefern, welche Vitamin D-Dosis man täglich zu sich nehmen sollte. Seien Sie also nicht enttäuscht, wenn Ihre Bemühungen um die richtige Einnahme nicht sofort zum errechneten Erfolg führen. Ein Mensch ist nun mal keine Maschine – und eigentlich ist das auch gut so.
Vitamin D-Wert zu niedrig trotz Einnahme: Wie kommt das?
Selbst wenn Ihr Vitamin D-Wert zu niedrig ist und Sie dagegen Präparate eingenommen haben, bleibt der Blutwert bisweilen unter dem gewünschten Niveau. Das kann viele Gründe haben.
- Eine recht verbreitete Ursache: Vitamin D ist fettlöslich. Daher muss wenigstens ein bisschen Fett in der Nahrung mit dabei sein, damit der Darm das Vitamin D aufnehmen kann. Als Frühstücksverweigerer morgens nur die Vitamin D-Tablette und eine Tasse schwarzen Kaffee kann nicht funktionieren. Auch das bisschen Milch im Müsli dürfte zu wenig Fett für den Transport bereitstellen. Mit einem Butterbrot gehen Sie da schon eher auf Nummer sicher.
- Nicht nur Fette spielen bei der Vitamin D-Aufnahme eine Rolle, sondern auch Vitamin K und Magnesium. Vitamin K ist für die Aktivierung von Osteocalcin notwendig, das Calcium in die Knochensubstanz einbaut. Leiden Sie an einem Vitamin K-Mangel, funktioniert auch die Resorption von Vitamin D nicht richtig. Magnesium ist für die Umwandlung in das aktive Calcitriol essenziell.
- Diverse Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes behindern die Aufnahme und führen dazu, dass der Vitamin D-Wert zu niedrig bleibt. Dazu gehören die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
- Organschäden sorgen dafür, dass zu wenig aktives Vitamin D vorhanden ist. Leberschäden durch Hepatitis oder Leberzirrhose führt zu einer mangelnden Umwandlung von Cholecalciferol in die Zirkulations- und Speicherform Calcidiol. Dieses wird bei Nierenschäden nicht in ausreichendem Maße in das hochaktive Calcitriol umgewandelt. Noch schlimmer sind die Auswirkungen des nephrotischen Syndroms, denn hier scheidet die Niere das aktive Calcitriol mit dem Harn aus.
- Manche Medikamente wirbeln das empfindliche Gleichgewicht von Cholecalciferol, Calcidiol, Calcitrion und Calcium durcheinander. Dazu gehören vor allem Glucocorticoide (Dexamethason, Cortisol) und Antiepileptika. Letztere verkürzen die Halbwertszeit von Vitamin D erheblich. Nehmen Sie solche Medikamente ein, schauen Sie mal auf den Beipackzettel.
- Auch mangelnde Mobilisation von Vitamin D aus dem Fettgewebe kann dazu führen, dass Vitamin D-Wert zu niedrig ausfällt. Fettleibigkeit (Adipositas) macht die Reserven weniger mobil.
- Wollen Sie zunächst Ihren Vitamin D-Speicher auffüllen, sollten Sie dafür nur ein reines Vitamin D-Produkt ohne weitere Zusatzstoffe verwenden. Viele Präparate enthalten beispielsweise zusätzlich Vitamin K, das Sie damit unnötig im Übermaß zu sich nehmen würden. Erst wenn der Speicher voll ist, ist eine zusätzliche Vitamin K-Einnahme sinnvoll.
- In einigen Fällen kommt es vor, dass die Umwandlung von pflanzlichem Vitamin D3 in das von Ihnen benötigte tierische/menschliche Vitamin D2 nicht richtig funktioniert. Viele Vitamin D-Präparate enthalten jedoch sehr viel Vitamin D3. In einem solchen Falle sollten Sie darauf achten, dass die von Ihnen verwendeten Tabletten von vornherein Vitamin D2 enthalten.
Vitamin D-Wert zu niedrig und kein Calcium?
Oft wird vergessen, dass ein hinreichend hoher Vitamin D-Wert alleine nicht nutzbringend ist. Ebenso wichtig ist die gleichzeitige Zufuhr von Calcium, denn Vitamin D und Calcium hängen unmittelbar zusammen. Ist in der Nahrung zu wenig Calcium vorhanden, führt ein hoher Vitamin D-Spiegel dazu, dass der Körper das fehlende Calcium aus der Knochensubstanz entnimmt. Das ist ausgesprochen ungünstig, denn eigentlich will man bei einem Vitamin D-Wert, der zu niedrig ausfällt, durch die Einnahme von Tabletten vor allem einer Osteoporose vorbeugen. Bei Calciummangel erreicht man genau das Gegenteil.
Außerdem vermehrt Calcitriol die Aufnahme von Calcium aus dem Darm. Daher sollte man bei erhöhter Vitamin D-Zufuhr immer darauf achten, dass die Nahrung genug Calcium enthält. Gute Calcium-Quellen sind vor allem Milchprodukte, einige Gemüse wie Broccoli, Spinat und Grünkohl oder Sesam.
Literatur & Quellen
- Hans Konrad Biesalski: Vitamine und Minerale: Indikation, Diagnostik, Therapie. Stuttgart 2016: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3132210218.
- Uwe Gröber: Orthomolekulare Medizin: Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte. 3. Auflage. Berlin 2008: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. ISBN-10: 3804719279.