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Die stumpfe Säge
Steve Corvey nutzt die Analogie der stumpfen Säge in seinem Buch „Die 7 Wege zur Effektivität“. Er beschreibt einen Holzfäller, der mit jedem Tag weniger produktiv wird, da sein Werkzeug abstumpft. Anstatt sein Leben durch das Schärfen der Säge zu erleichtern, konzentriert er sich nur auf die Tätigkeit, für die er bezahlt wird. Wenn der Holzfäller sich Pausen gegönnt, seine Säge hin und wieder geschärft und dazu noch neue Sägetechniken erlernt hätte, wäre er nicht nur deutlich produktiver gewesen, sondern hätte sich auch weniger anstrengen müssen. Rückblickend ging es mir oft so. Auf der Arbeit habe ich mich in Aufgaben so verloren, dass ich das große Ganze nicht mehr sehen konnte. Wie ein Pferd mit Scheuklappen bin ich dann immer schneller in die falsche Richtung gelaufen, anstatt mal kurz anzuhalten und mich umzudrehen. Die Säge im Alltag zu schärfen bedeutet, die Routinen zu unterbrechen. Ruhezeiten, neue Impulse oder neue Umgebungen sorgen dafür, dass wir Herausforderungen aus einer anderen Perspektive sehen. Dann fällt es uns viel leichter, in Lösungen, anstatt in Problemen zu denken. Ein schönes buddhistisches Sprichwort sagt: „Du solltest jeden Tag 15 Minuten meditieren. Wenn du keine Zeit dafür hast, dann solltest du dir eine Stunde nehmen.“ Wie oft sagst du, dass du jetzt gerade keine Zeit hast? Die Zeit dafür, dich weiterzubilden, Pausen einzulegen, Sport zu machen oder dich mit deinen Liebsten zu treffen? Wenn die Zeit für so wichtige Dinge wie die eigene Gesundheit und Beziehungen zu knapp ist, ist das ein gutes Anzeichen dafür, mal wieder die Säge zu schärfen.
Die Schärfwerkzeuge
Solche Schärfwerkzeuge können sein, unwichtige Termine abzusagen, mehr Zeit offline zu verbringen, die Ernährung umzustellen, neue Fähigkeiten zu lernen, Tagebuch zu schreiben, zu meditieren, ein Wochenende lang wandern zu gehen oder die Wohnung auszumisten. Alles, was die Routine durchbricht, ist hilfreich. Ich bin jetzt seit 2012 selbständig. Gerade in der der Selbständigkeit ist es so verdammt wichtig, nicht mit einer stumpfen Säge rumzurennen. Als Selbständiger bemisst sich mein Wert an der Anzahl der gefällten Bäume, nicht an den Stunden, die ich im Wald bin. Zu Beginn habe ich als Übersetzer gearbeitet. Nach einem Jahr hatte ich so viele Aufträge, dass ich diese an andere Freiberufler auslagern konnte. Als Agenturinhaber war es nun meine Aufgabe, möglichst viele Kunden und gute Mitarbeiter zu finden. Ich war damals ziemlich euphorisch, habe oft ohne Wochenende über zehn Stunden am Tag gearbeitet. Ich habe alles gelernt, was es über Mitarbeiterführung, Kundenakquise und Online-Marketing zu lernen gab. Das Geschäft ist gewachsen, aber ich wurde immer unzufriedener. Ich konnte überhaupt nicht verstehen, warum. Heute, rückblickend, habe ich verstanden, dass ich ständig das Tempo erhöht, dabei aber in die falsche Richtung gelaufen bin. Ich mochte weder meine anstrengenden Kunden, noch die unzuverlässigen Freelancer, mit denen ich zusammengearbeitet hatte. Den ganzen Tag lang war ich am Telefon und hatte mit Zahlen zu tun. Das waren Dinge, die mir einfach keine Freude machen. Über ein Jahr lang habe ich mir nicht die Zeit genommen, meine Säge zu schärfen. Ich war so schnell unterwegs, dass keine Zeit für Pausen blieb. Hätte ich eine Pause eingelegt, wäre mir wahrscheinlich schon viel früher aufgefallen, dass ich mein Geschäftsmodell hätte ändern müssen. Heute nehme ich mir diese Pausen regelmäßig. Wenigstens eine Stunde am Tag, nur für mich. Und jeden Monat ein paar zusammenhängende Tage. Ich gehe dann einen Schritt zurück und schaue mir mein Leben aus einiger Entfernung an. Dann frage ich mich, ob meine Beziehungen, meine Gesundheit, mein Business und andere Lebensbereiche noch im Einklang mit dem stehen, was ich für erstrebenswert halte. Dann gehts mit einer geschärften Säge wieder in den Wald. Für mich ist diese Balance zwischen Ruhezeiten und Schaffenskraft, zwischen Inspiration und Kreation, unglaublich wichtig. Genauso wie Muskeln in den Pausen zwischen den Trainingseinheiten wachsen, muss die Säge zwischen dem Fällen von Bäumen immer wieder mal geschärft werden.
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