Endocannabinoid-System (ECS)

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20.01.2024 17:30:00
Endocannabinoid-System (ECS)
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Die Interaktion mit dem Organismus wird durch das sogenannte Endocannabinoid-System und die zugehörigen Rezeptoren ermöglicht. Cannabinoide, die im Körper gezielt andocken können. Bei Cannabinoiden handelt es sich um chemische Verbindungen. Sie sind in der Lage, spezielle Rezeptoren im menschlichen Körper anzusprechen.

Die Forschung hat bis heute mehr als 113 Cannabinoide entdeckt. Damit ist aber noch lange nicht Schluss. Einige Experten gehen davon aus, dass es noch viele weitere gibt, die analysiert werden können. Besonders spannend ist, dass jedes Cannabinoid anders auf den Organismus einwirken kann. Aus Studien und Erfahrungsberichten können den verschiedenen Cannabinoiden positive Wirkungsweisen zugeschrieben werden. Die folgende Tabelle ist nicht abschließend. Zudem sollten Interessierte beachten, dass es sich lediglich um ein Potenzial handelt. Daher kann nicht garantiert werden, dass die beobachteten Effekte tatsächlich bei jedem Einzelnen eintreten.

Das Endocannabinoid-System

Bei der Wirkungsweise von Hanfbestandteilen wird wiederholt auf das sogenannte Endocannabinoid-System hingewiesen. Es übernimmt eine zentrale Rolle bei dem komplexen Wechselspiel zwischen den Pflanzenauszügen und dem Organismus.

Jeder Mensch und viele Tiere besitzen ein Endocannabinoid-System. Mit Blick auf die Geschichte ist das komplexe System einige Millionen Jahre alt. Die Entdeckung gelang aber vergleichsweise spät. Erst im Jahr 1992 ist ein Forschungsteam des National Institute of Mental Health auf das Endocannabinoid-System gestoßen. Der Name wurde an die Wirkstoffe der Cannabispflanze, den Cannabinoiden, angelehnt. Nach der Entdeckung knüpfte eine systematische Erforschung der Cannabisbestandteile an. Neue Perspektiven eröffneten sich, um Hanf auch medizinisch zu nutzen. Dafür ist das Verständnis rund um das Endocannabinoid-System und die zugehörigen Rezeptoren unerlässlich.

Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems

Das Endocannabinoid-System (ECS) ist mit speziellen Bindungsstellen ausgestattet: die Cannabinoid-Rezeptoren. Nur so ist es möglich, dass das komplexe System aktiviert wird. Der menschliche Organismus stellt diese Cannabinoid-Bindestellen an der Oberfläche ausgewählter Zelltypen bereit. Zudem produziert der Körper selbst Cannabinoide, sogenannte Endocannabinoide, um die Rezeptoren zu aktivieren. Das Endocannabinoid-System besteht also aus CB-Rezeptoren und den körpereigenen Endocannabinoiden. Spezielle Cannabinoide, die aus der Hanfpflanze extrahiert werden können und ausgewählte synthetische Nachbildungen können das ausgefeilte System ebenfalls aktivieren. Zu den natürlichen Cannabinoiden zählen die populären Vertreter THC und CBD. Hinsichtlich des Endocannabinoid-Systems werden CB1- und CB2-Rezeptoren unterschieden.

CB1-Rezeptoren

CB1-Rezeptoren können vor allem im Gehirn nachgewiesen werden. Auch das zentrale Nervensystem und Organe sind mit dem Bindungsstellen ausgestattet. Der CB1-Rezeptor bindet mit Vorliebe Tetrahydrocannabinol (THC). Er ist dafür bekannt, sich auf das Gedächtnis, den Appetit, die Stimmung, den Schlaf und die Schmerzentwicklung auszuwirken. Dieser Rezeptor könnte also eine wichtige Funktion übernehmen, wenn es um Depressionen und Schmerzzustände geht.

CB2-Rezeptoren

Der CB2-Rezeptor wurde erst einige Jahre später nach dem CB1-Rezeptor entdeckt. Das Interessante ist, dass diese Rezeptoren überall im Körper verstreut sind. In den Organen und im Magen-Darm-System sind sie nachweisbar. Sie sind ebenfalls vorhanden im Gehirn. Allerdings nicht so zahlreich wie CB1-Rezeptoren. Auch CB2- Rezeptoren kommt eine entscheidende Rolle zu. In erster Linie kümmern sie sich darum, dass keine Entzündungen entstehen. Geschieht das doch, versuchen die Rezeptoren gemeinsam mit den Cannabinoiden Entzündungen unter Kontrolle zu bringen. Während THC vornehmlich von CB1-Rezeptoren gebunden wird, fokussiert sich der CB2-Rezeptor auf CBN (Cannabinol).

Körperteil Rezeptoren Regulierung von
Gehirn CB1 Schmerzwahrnehmung, Gedächtnis- und Lernleistung, Angst, Depression, Koordination, Appetit, Übelkeit, Erbrechen, Belohnung
Herz CB1, CB2 Herzfrequenz, Schutz der Zelle
Leber CB1, CB2 Schutz der Zelle
Verdauungstrakt CB1, CB2 Entzündungen, Darmaktivität
Keimdrüsen CB1, CB2 Schwangerschaft, Produktion von Spermien
Haut CB1, CB2 Entzündungen, Zellreifung, Schmerzempfinden
Immunsystem CB2 Immunleistung, Entzündungen
Peripheres Nervensystem CB2 Schmerzwahrnehmung
Knochen CB2 Knochenwachstum

 

Welche Funktionen übernimmt das ECS im Körper?

Jeder Rezeptor hat eine einzigartige Wirkung. Der CB1-Rezeptor besitzt ein breites Wirkspektrum, das sich von der Stimmung über die Appetitentwicklung bis hin zur Schmerzentwicklung ausdehnt. Der CB2-Rezeptor konzentriert sich hingegen auf die Vermeidung von Entzündungen, was insbesondere dem Immunsystem hilft. Kurz gesagt: das Endocannabinoid-System kümmert sich vorrangig darum, verschiedene Botenstoffe im Körper zu regulieren. Deshalb wird es auch von Medizinern häufig als wichtiges Regulationssystem bezeichnet.

Unterschiede zwischen Phyto-, Endo- und synthetischen Cannabinoiden

Der menschliche Körper besitzt die großartige Fähigkeit, das Endocannabinoid-System selbst in Gang zu bringen. Dafür sind sogenannte Endocannabinoide nötig, die der Organismus bildet. Wissenschaftler sind sich einig, dass das komplexe System auch mit Cannabinoiden von außen angesprochen werden kann. Sie können entweder in natürlicher (Phytocannabinoide) oder in synthetischer Form zugeführt werden. Synthetischen Varianten wird nachgesagt, dass sie sich effektiver an die Körperrezeptoren binden. Beispiele für Phytocannabinoide sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD).

Welche Endocannabinoide gibt es?

Endocannabinoide stellen Cannabinoide dar, die der menschliche Körper selbst herstellen kann. Das gelingt innerhalb der Körperfettsäuren, zum Beispiel Omega-3. Experten unterscheiden verschiedene Endocannabinoide. Zu den populärsten gehören Anandamid und 2-Arachidonylglycerol (2-AG).

Anandamid: Das Endocannabinoid wurde als erstes entdeckt. Die Bezeichnung wird von dem Wort Glückseligkeit abgeleitet. Kein Wunder, denn Anandamid kann das Belohnungssystem aktivieren und Gefühle wie Euphorie oder Freude hervorbringen. Zudem beeinflusst das Endocannabinoid den Appetit und die Schmerzenwicklung. 2-Arachidonylglycerol (2-AG): Dieses Endocannabinoid spricht den CB1- und CB2- Rezeptor an. 2-AG wird als kurzfristiger Botenstoff eingeordnet, da es nur dann hergestellt wird, wenn der Organismus es benötigt. Neben Anandamid und 2-Arachidonylglycerol gibt es noch weitere Endocannabinoide. Die Wirkung von Noladinether, Virodhamin, N-Arachidonoyldopamin (NADA) und Co. ist allerdings noch nicht umfangreich erforscht.

Wirkungsweise der Cannabinoide im Körper

Lange Zeit wurde gerätselt, welche Aufgabe den Cannabinoiden zukommt und auf welche Weise sie im Körper wirken. Forscher haben in den letzten Jahren viele Annahmen mithilfe von Studien bestätigt. So hat sich beispielsweise gezeigt, dass auch nicht-psychotrope Phytocannabinoide ein breites Wirkspektrum besitzen, das mitunter von therapeutischem Interesse sein könnte. Dabei steht vor allem das Cannabinoid CBD im Vordergrund. Die Substanz wird intensiv erforscht. Dabei wurde sich unter anderem auf die antidiabetischen, schlaffördernden und angstlösenden Eigenschaften konzentriert.

Während THC vor allem mit schmerzlinderndem und entzündungshemmendem Potenzial in Verbindung gebracht wird, scheint sich die Forschung in Bezug auf CBD einig zu sein, dass die Substanz ebenfalls entzündungshemmende sowie schmerzlindernde Eigenschaften besitzt. Zudem könnten von CBD angstlösende Effekte ausgehen. Viele Interessenten fragen sich, auf welche Weise die Effekte freigesetzt werden. Das Ganze wird am besten bildlich verdeutlicht. Das Endocannabinoid-System verfügt über verschiedene Schlösser (die CB-Rezeptoren). Diese Schlösser können nur mit den passenden Schlüsseln geöffnet werden. Diese treten in Form von Cannabinoiden in Erscheinung. Werden die Schlüssel in das Schloss gelegt, wird das Schloss, der Rezeptor, aktiviert. Dadurch wird eine Zelle animiert, ihre Aufgabe zu erfüllen.

Cannabinoide: Entourage Effekt

Der sogenannte Entourage Effekt gilt als Mysterium, dabei ist er einfach erklärt. In Anlehnung an den Begriff wird angenommen, dass ein Mix aus wertvollen Pflanzenstoffverbindungen eine bessere Wirkung erzielen kann als einzelne Wirkbestandteile. Das konnte bereits im Jahr 1998 im Rahmen einer Studie nachgewiesen werden. Danach folgten Untersuchungen, die diese Annahme stützten. Die entsprechenden Ergebnisse haben Beweise vorgelegt, dass pflanzliche Extrakte und die Cannabisblüten überaus zweckdienlich sind. Sie wirken besser als isolierte Moleküle. So kann beispielsweise ein CBD Produkt, das die gesamten Pflanzenauszüge enthält (CBD-Vollspektrum) viel besser wirken als ein CBD-Isolat. Das hat auch die Pharmazie erkannt und setzt zunehmend auf Präparate, die sich auf die Vorzüge verschiedener Cannabissorten und auf unterschiedliche Profile von Pflanzenstoffen konzentrieren. Das kann der Entourage Effekt bewirken:

  • Ansprache mehrerer Körperziele
  • Verbesserte Bioverfügbarkeit
  • Minimierung der Nebenwirkungen

Vorläufer und Wirksubstanz

Ein Produkt, das ein breit aufgestelltes Spektrum an Cannabinoiden und Pflanzenwirkstoffen bereitstellt, ist zu medizinischen Zwecken sehr empfehlenswert. Der Anwender kann damit von vielen potentiellen Effekten profitieren. Dabei stehen nicht nur die Cannabinoide selbst im Mittelpunkt, sondern auch die weniger bekannten Vorstufen. Sie kommen überwiegend in der ursprünglichen Pflanze vor.

  • Zu THC gehört die Vorstufe THCa
  • Zu CBG gehört die Vorstufe CBGa
  • Zu CBN gehört die Vorstufe CBNa
  • Zu CBD gehört die Vorstufe CBDa

Cannabinoid-Säuren: Aktivierung

Interessierte stoßen häufig beim Thema Cannabinoide auf den Begriff „Decarboxylierung“. Dabei handelt es sich um eine Schlüsselreaktion, die von wichtiger Bedeutung für die medizinischen Effekte der Pflanze sind. THC, CBD und CBG haben alle etwas gemeinsam: Sie haben ursprünglich in einer sauren Form ihr Dasein gestartet. Erst durch eine Umwandlung werden die Säuren in die medizinisch relevante neutrale Variante transformiert. Sowohl botanische als auch biologische Prozesse beschäftigen sich mit der Decarboxylierung. Dabei findet eine Umwandlung statt. Zunächst entstehen Moleküle beim Wachsen einer Pflanze. Bestimmte Faktoren können die Moleküle in eine andere Form transformieren. So kann beispielsweise Licht, Oxidation oder Hitze die Moleküle zur Umwandlung zwingen. Auf diese Weise bildet sich aus einer sauren Vorstufe, die jedes Cannabinoid besitzt, eine medizinisch bedeutsame Komponente. TIPP: Gut zu wissen! Damit sich eine Vorstufe in eine gewünschte Form umwandelt, ist eine Decarboxylierungsreaktion notwendig. Diese kann durch Licht, Oxidation oder Hitze angestoßen werden.

Wirkungen der Vorstufen

Die Vorstufen von Cannabinoiden sind keinesfalls nutzlos. Sie bereichern den Wirkkomplex in vielerlei Hinsicht. Das wird am Beispiel von CBD deutlich. Auch wenn es noch mehr Forschungsbedarf hinsichtlich der Wirkung von CBDa gibt, kann bereits jetzt festgehalten werden, dass bisherige Forschungsergebnisse darauf hinweisen, dass auch von der Vorstufe ein entzündungshemmendes Potenzial ausgeht. Womöglich könnten die Vorstufen zahlreicher Cannabinoide nahezu identische Wirkungen hervorrufen, wenn auch in stark abgeschwächter Form. Um das zu beweisen, sind allerdings qualitative Studien erforderlich.

TIPP: Gut zu wissen! Hinsichtlich der Cannabinoid-Vorstufen muss differenziert werden. THC entfaltet beispielsweise erst dann seine psychoaktive Wirkung, wenn es erhitzt wird.

Themen: CBD