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Das Anhaften
Im Buddhismus gibt es das Konzept des Anhaftens. Nach Buddha leiden wir, weil wir an Dingen festhalten. Das können materieller Besitz sein aber auch Beziehungen, Erwartungen, Ziele und Denkweisen. Je stärker ich zum Beispiel an meinem Handy hänge, desto trauriger bin ich, wenn es mir gestohlen wird. Und je höher meine monatlichen Ausgaben sind, desto größer ist die Krise, wenn ich gekündigt werde. Damit meinen die Buddhisten nicht, dass ich mich nicht an schönen Dingen erfreuen kann. Ich soll eben nur mein Glück nicht davon abhängig machen. Was passiert, wenn ich mein Glück von einem Handy oder einem Gehalt abhängig mache? Dann kann es mir jederzeit weggenommen werden, ohne dass ich einen Einfluss darauf habe. Besitz und Geld machen weder glücklich, noch unglücklich. Auf die Einstellung dazu kommt es an. Wer eine Yacht kauft, um seinen Selbstwert zu erhöhen, wird nicht lange glücklich sein. Eine Wasserratte, die sich jedes Wochenende an dem Boot erfreut, hat eine ganz andere Einstellung dazu. Es ist der Unterschied zwischen Besitzen und Nutzen. Meine Beobachtung ist: Je größer das Glücksgefühl beim Kauf, desto kürzer hält es an. Wenn ich mir beispielsweise ein neues Handy kaufe, dann löst das keine Emotionen aus. Es ist ein verdammtes Handy. Der Besitz macht mich nicht zufrieden. Glücklich macht mich, wenn ich über Videotelefonie mit meinen Eltern sprechen oder beim Joggen ein Audiobook hören kann.
Der Besitz
Als ich 2006 zum ersten Mal ins Ausland gegangen bin, hatte ich kistenweise Zeug in meiner Wohnung. Es fiel mir unglaublich schwer, mich davon zu trennen. Erst als die Kisten jahrelang ungenutzt auf dem Dachboden meiner Eltern standen, fiel mir das Verschenken und Wegschmeißen leichter. Heute würde ich behaupten, dass ich keine Besitztümer habe, an denen ich hänge. Ich erfreue mich an meinem Mixer und meinem MacBook, aber wenn diese Dinge morgen kaputt gehen, dann stürzt mich das nicht in eine Krise. Seitdem ich ausgemistet habe, lebt es sich leichter. Vor allem im Kopf, denn Besitz verpflichtet, wie auch der Schuster in der Geschichte lernen musste. Ein Auto zum Beispiel muss versichert, gewartet, geschützt, vollgetankt und regelmäßig zum TÜV gebracht werden. Besitz aufzugeben oder sich zumindest nicht abhängig davon zu machen, ist noch eine relativ einfache Übung. Viel schwieriger wird es mit Freundschaften und Liebesbeziehungen. Je verliebter ich bin, desto größer wird der Herzschmerz nach der Trennung. Das bedeutet nicht, keine Liebe zu empfinden, sondern sich nicht daran zu klammern. Nur du allein bist für dein Glück verantwortlich, niemand sonst.
Das Wenn-Dann-Spiel
Neben Besitz und Beziehungen haften wir vor allem an den eigenen Glaubenssätzen und Erwartungen. Die Führungskraft beispielsweise, die ihren kompletten Selbstwert über den Job gewinnt, hat spätestens zum Renteneintritt ein großes Problem. Oder der Fußballfan, dessen Laune vom Ergebnis seiner Mannschaft abhängt. Lange Zeit habe ich auch das Wenn-Dann-Spiel gespielt. Du kennst das sicher: „Wenn ich X Euro im Monat verdiene, dann darf ich endlich glücklich sein.“ oder „Wenn meine Freundin abends nicht immer so spät von der Arbeit kommen würde, dann wäre unsere Beziehung besser.“ Das ist pure Folter, denn selbst wenn ich ein Ziel erreicht habe oder meine Erwartung erfüllt wird, macht mich das nicht lange glücklich. So platt es klingt, aber es geht um den Weg. Es ist nicht verkehrt, Ziele zu haben, wenn sie eine Richtung vorgeben und motivieren. Aber das Anhaften an einem Ziel sorgt dafür, dass wir unser Glück von Bedingungen abhängig machen, die wir nicht kontrollieren können. Beenden will ich mit einem wundervollen Satz aus der hinduistischen Bhagavad Gita: „Du hast das Recht zu arbeiten, aber niemals ein Recht auf die Früchte deiner Arbeit.“ In diesem Sinne: mache dich frei vom Ergebnis und genieße den Weg dorthin.
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