Ein Vitamin-D-Mangel erhöht das Sterberisiko. Zu diesem Ergebnis gelangten Wissenschaftler des „Epidemiologischen Krebsregisters“ im Saarland und jene vom „Deutschen Krebsforschungszentrum“.
In ihren Studien erforschten sie den Zusammenhang zwischen einem Defizit an Vitamin D (Cholecalciferol) und der Mortalitätsrate betroffener Personen.
Niedrige Vitamin-D-Spiegel führt häufiger zu Erkrankungen
Epidemiologischen Studie zu Chancen der Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in der älteren Bevölkerung. Die Studie „Strong associations of 25-hydroxyvitamin D levels with all-cause, cardiovascular, cancer and respiratory disease mortality in a large cohort study“ ergab, dass Probanden mit einem erniedrigten Vitamin-D-Spiegel häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und an Krankheiten der Atemwege verstarben als Probanden mit höheren Vitamin-D-Konzentrationen. Ebenso lag die Gesamt-Sterblichkeit der Gruppe mit einem Defizit an Cholecalciferol (Vitamin D3) höher.
Hintergrund der ESTHER-Studie
Die Tatsache, dass ein Mangel an Vitamin D einen Risikofaktor für Knochenschwund (Osteoporose) darstellt, ist in Medizinerkreisen und in der Bevölkerung bekannt. Neu durchgeführte Studien geben Anlass zur Vermutung, Cholecalciferol beeinflusse zusätzlich andere chronische Erkrankungen. Zu den diskutierten Krankheiten zählen:
- Diabetes,
- Krebs,
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- und
Angenommen, die Vermutung entspräche den tatsächlichen Gegebenheiten, ergäbe sich als Folge, dass eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D sich auf die Gesamtsterblichkeit der Bevölkerung auswirkt. Ob dem so ist, erforschten die Wissenschaftler in der „Epidemiologischen Studie zu Chancen der Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in der älteren Bevölkerung“, kurz „ESTHER“.
Die Forscher des DKFZ (Deutschen Krebsforschungszentrums) kooperierten dazu mit dem „Saarländischen Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie“ sowie mit dem „Epidemiologischen Krebsregister Saarland“. Die Studie mit fast zehntausend saarländischen Teilnehmern im Alter von 50 bis 74 Jahren leitete Professor Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum.
Vitamin-D-Spiegel im Winter besonders niedrig
Im Winter durchgeführte Messungen des Vitamin-D-Spiegels bei Teilnehmern der Studie ergaben eine besonders niedrige 25(OH)D-Konzentration. 24 Prozent der Probanden besaßen einen sehr niedrigen Vitamin-D-Spiegel. Die Werte von 71 Prozent der Studien-Teilnehmer stuften die Wissenschaftler als niedrig ein. Die Mess-Ergebnisse im Juli waren im Gegensatz zu denen im Januar erheblich besser. Lediglich bei sechs Prozent der Probanden maßen die Forscher sehr niedrige Werte. Dennoch waren bei 41 Prozent der Studien-Teilnehmer die Vitamin-D-Mess-Ergebnisse als niedrig einzustufen.
Bei welchen Werten galt der Vitamin-D-Spiegel als zu niedrig?
Bei Messungen des 25(OH)D-Spiegels stuften die Wissenschaftler den jener Teilnehmer der Studie als sehr niedrig ein, die einen geringeren Wert als 30 nmol/L Serum-25-hydroxyvitamin-D vorwiesen. Probanden mit einem Cholecalciferol-Spiegel zwischen 30 und 50 nmol/L Serum-25-hydroxyvitamin-D zählten zu den Studien-Teilnehmern mit niedrigem 25(OH)D-Wert.
Erklärung des niedrigen Vitamin-D-Spiegels im Winter
Der Körper des Menschen produziert einen großen Anteil seines Bedarfs an Vitamin D durch die auf die Haut treffende UV-B-Strahlung des Sonnenlichts. In der dunklen Jahreszeit reicht diese in Deutschland nicht aus, um die Produktion des „Sonnenhormons“ anzuregen. Als Folge dessen leiden deutsche Bürger zunehmend an einem Vitamin-D-Mangel.
Vitamin-D-Mangel erhöht Sterberisiko
Die Wissenschaftler begleiteten die Teilnehmer der Studie über acht Jahre hinweg. Innerhalb der Beobachtungszeit und unter Berücksichtigung aller störenden Faktoren war die Sterblichkeitsrate der Probanden, die einen sehr niedrigen Vitamin-D-Status aufwiesen 1,7-mal höher. Die Letalität bei Studien-Teilnehmern mit niedrigen Werten betrug das 1,2-Fache der Probanden, die eine höhere Vitamin-D-Konzentration aufwiesen.
Die Tatsache, dass ein Vitamin-D-Mangel das Sterberisiko erhöht, bewies sich zudem anhand der tatsächlichen Todesfälle von Probanden mit sehr niedrigen 25(OH)D-Werten, die an einer Erkrankung der Atemwege verstarben. Die ausgewerteten Daten ergaben ein um das 2,5-Fache erhöhtes Risiko. Die Teilnehmer verschieden 1,4-mal so häufig an Krebs und an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Kontrovers diskutiert – Prophylaxe mit Vitamin-D-Präparaten
Kontrovers diskutieren die Wissenschaftler die Frage, ob das erhöhte Sterberisiko durch Vitamin-D-Mangel mithilfe der prophylaktischen Einnahme von Vitamin-D-Präparaten zu senken wäre. Diesbezügliche randomisierte kontrollierte Studien ergaben geringe Einflüsse auf das erhöhte Sterberisiko durch einen Mangel an Vitamin D. Die derzeit durchgeführten Studien zur Klärung der Effektivität einer Vitamin-D-Supplementation benötigen noch mehrere Jahre der Nachbeobachtung. Die ESTHER-Studie belegt die Notwendigkeit des Forschungsaufwands, denn der nachgewiesene weitverbreitete Vitamin-D-Mangel erhöht das Sterberisiko der deutschen Bevölkerung.
Dr. Ben Schöttker empfiehlt wohldosiertes Sonnen
Mit einem Aufenthalt in der Sonne erhöht der Mensch seinen 25(OH)D-Status, womit er gleichzeitig sein Sterberisiko zu senken in der Lage wäre. Setzt er sich zu lange der Sonne aus, steigert er dieses durch die Gefahr, an Hautkrebs zu erkranken. Daher empfiehlt Dr. Ben Schöttker bis zur Klärung, ob eine Vitamin-D-Supplementierung das erhöhte Sterberisiko bei Vitamin-D-Mangel zu senken vermag, die Sonne wohldosiert zu genießen.
Wie lange ein Sonnenbad ohne negative Auswirkungen der Gesundheit zu verantworten ist, hängt vom jeweiligen Hauttyp ab. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hält für die überwiegende Anzahl der Deutschen ein Aufenthalt in der Sonne in Abhängigkeit des Hauttyps von fünf bis 25 Minuten für vertretbar. Die Empfehlung gilt für die Monate März bis Oktober. Ihrer Ansicht nach genügt eine Sonnenbestrahlung auf Hände, Unterarme und Gesicht, um in dieser Zeit ausreichend Vitamin D zu produzieren.
Die Bedeutung des Deutschen Krebsforschungszentrums
Als größte biomedizinische Forschungseinrichtung Deutschlands beschäftigt das mit DKFZ abgekürzte Deutsche Krebsforschungszentrum über dreitausend Mitarbeiter. Tausend von ihnen beteiligen sich an Studien betreff der Entstehung von Krebs. Dazu erfassen sie die Risikofaktoren und suchen nach neuen Methoden, dessen Entwicklung zu verhindern. Neue von ihnen erfundene Methoden helfen bei der präziseren Diagnose von Tumoren und bei der effektiven Bekämpfung derselben.
Die Aufklärung von Angehörigen, Betroffenen und interessierten Menschen obliegt dem Krebsinformationsdienst (KID). In Kooperation mit dem Universitätsklinikum Heidelberg richtete das DKFZ das NCT (Nationales Centrum für Tumorerkrankungen) ein. Dieses setzt Ansätze aus der Wissenschaft in die Klinik um. Das Deutsche Krebsforschungszentrum unterhält im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) an sieben universitären Standorten Translationszentren. Einen wichtigen Beitrag bei der Bemühung, die Überlebens-Chancen von Krebspatienten zu verbessern, leistet die Verbindung zwischen hervorragender Hochschul-Medizin und der erstklassigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum finanziert sich zu neunzig Prozent über das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Den übrigen Teil übernimmt das Land Baden-Württemberg.
Quellen und Literatur:
- American Journal of Clinical Nutrition 2013; DOI: 10.3945/ajcn.112.047712
- Schöttker B, Haug U, Schomburg L, Köhrle L, Perna L, Müller H, Holleczek B, Brenner H. Strong associations of 25-hydroxyvitamin D levels with all-cause, cardiovascular, cancer and respiratory disease mortality in a large cohort study.
- https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2013/dkfz-pm-13-25-Erhoehte-Sterblichkeit-bei-Vitamin-D-Mangel.php
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23446902