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Ich hatte schon immer ganz klare Vorstellungen davon, wie ich meine Schwangerschaft durchleben wollte. Natürlich mit supergesundem Bio-Essen, einer achtsamen, täglichen Yogapraxis und wunderbaren Meditationen, in denen täglich ich mit meinem Baby kommuniziere. Dazu den lieben langen Tag Mantras singen und mir Massagen gönnen, schwimmen gehen und weiterhin ins Fitnessstudio, um den mühsam mit vielen, vielen Squats antrainierten Hintern nicht innerhalb weniger Wochen loszuwerden. Denn auch vor der Schwangerschaft hatte ich mich lange, lange mit Yoga, Kundalini Kriyas, Detox Kuren und liebevollen Affirmationen auf dieses wahnsinnig tolle Erlebnis vorbereitet (dazu folgt noch mal ein eigener Artikel). Nur fühlte ich mich, plötzlich schwanger, auf einmal gar nicht mehr so toll.
In den ersten Wochen nachdem sich der Stick blau verfärbt hatte, sah meine Realität allerdings komplett anders aus. Meine schöne Vorstellung von der schwangeren Yogini, die ich sein wollte, und dem, was tagtäglich bei uns zuhause abging, waren zwei verschiedene Welten.
Anfangs hab ich mich für meine Faulheit sehr geschämt. Habe das schlechte Gewissen im Kopf hin – und hergeschoben. Habe sie mit meinem Mob an holistischen Beratern ausführlich besprochen, mich von ihnen besänftigen lassen: Das ist alles ok so. Und irgendwann gemerkt: Schwangersein ist Ausnahmezustand. Man stelle sich vor: Du puzzelst in deiner Gebärmutter ein vollständiges Menschenkind zusammen. Mit Herzschlag, mit pumpenden Lungen, mit einem denkenden Gehirn, mit einer Seele und einer Persönlichkeit.
Das ist sau-anstrengend, keine Frage.
Und als ich mir diese Höchstleistung erst mal verdeutlicht hatte, konnte ich gedanklich aus dem Club der spirituellen Overachiever aussteigen. Am Montag morgen die Mails Mails sein lassen und an die Elbe fahren, um dort einen Minztee zu trinken. Mir endlich eine Heizdecke kaufen und hemmungslos darauf rumzuliegen, bis mir die Schweißperlen auf die Stirn treten. Auf den ewig gleichen Inhalt bei Instagram, meinem letzten bespielten Social Media Kanal, getrost pfeifen. Denn plötzlich waren andere Dinge noch viel wichtiger als fotografische Beweise der neuen Yoga Leggings oder dass ich in einem fancy Rawfood Restaurant zu mittag gespeist habe. Plötzlich ging es nur noch um: Maximales Wohlsein, innendrin. Nicht zeigen, was ich Tolles hab, kann oder esse, nach außen. Das tun, was Body, Mind & Soul gerade wollen. Sich nicht im den Sog des Noch-mehr-machen-müssens zu verlieren, sondern einfach mal hinzunehmen:
Das was gerade ist, ist gut so. Es gibt nichts zu erreichen.
Das Faulsein ist gut, das lange Schlafen ist gut, das kalorienhaltige Essen ist gut. Der Verzicht auf Vinyasa Yoga ist gut. Noch besser ist meine Kundalini-Schwangerschaftsklasse am Freitag morgen: In Zeitlupe mit dickbäuchigen Mums-to-be bewegen, ein wenig stretchen, singen, rumliegen. Nicht herausfordern, sondern nachspüren. Meine Hypno-Birthing-Meditationen darf bzw. soll man sogar im Liegen machen. Ist das nicht klasse?
Mein Körper, der heilige Tempel, der mein Baby beherbergt, wird mir das Weißmehl und den Zucker verzeihen, denn ich habe ihn davor lange Zeit sehr, sehr gut behandelt. Und natürlich gibt es immer noch genügend Nährstoffe, denn auch die allerschlimmste “Ich mag nicht kochen Phase” ist irgendwann vorbei. Bei mir war das ziemlich genau im dritten Monat. Und jetzt gibt es auch wieder alles, was du hier an Rezepten auf dem Blog so findest.
Und nach all diesen Learnings ist mein neues Mantra für die Zeit mit Baby im Bauch und danach mit Baby auf dem Bauch:
Komm ich heut nicht, komm ich morgen.
Das Mantra ist inspiriert von einem ZEIT Artikel, den ich kürzlich las. Dem berechenbaren Leben einfach mal “Adé” sagen und sich dem Nichtstun hingeben. Als “Artist der Gelegentlichkeit” auf dem ruhigen Meer des Lebens daherschippern. Mit der Sicherheit, dass morgen noch alles so ist wie gestern. Die Mails sind noch da und die Leute, die auf eine Antwort warten, auch noch. Ich plädoyiere für: Maximal einen Termin pro Tag. Denn schon der kann dir dermaßen auf den Pinsel gehen, dass du Stress empfindest. Und Stress, das wissen wir ja, mögen wir nicht. Und Babys im Bauch mögen Stress schon mal gar nicht, die merken das. An deiner flacheren Atmung, an der angespannten Bauchdecke, an dem Level an Cortisol in deinem Körper.
Und so versprach ich mir hoch und heilig, dass ich die Gelegentlichkeit mehr in mein Leben einziehen lasse. Dass die einzige Beständigkeit meine Liebe für mich selbst, meinen Mann und meine kleine Tochter sein soll und alles andere davon geprägt sein darf. Dass das große Mysterium “Mutter werden” mit Empfängnis und empfangen zu tun hat – nicht mit pushen und drücken und wollen. Dass Faulheit ein legitimer Zustand ist, genauso wie Kreativität oder Inspiration oder Tatendrang. Alles zu seiner Zeit eben.
Yours truly, Christina xx