Cannabis Gesetz im internationalen Vergleich

4 min
20.09.2023 00:07:25

Der Entwurf für ein Cannabisgesetz in Deutschland sorgt für kontroverse Debatten. Während die einen weitreichende Liberalisierungen fordern, sehen andere den Jugendschutz in Gefahr. Ein genauer Blick auf die konkreten Regelungen zeigt: Das Gesetz beinhaltet strenge Vorgaben, teils komplizierte Regelungen und harte Strafen – selbst nach den jüngsten Anpassungen an den Entwurf. Andere Länder gehen dasselbe Thema teils deutlich großzügiger an.

Der deutsche Gesetzentwurf

Erwachsene über 18 Jahre sollen künftig bis zu 25 Gramm Cannabis mit sich führen. Zwischen 26 und 30 Gramm begeht man eine Ordnungswidrigkeit. Bei mehr als 30 Gramm macht man sich strafbar.

Außerdem darf man bis zu drei Pflanzen privat anbauen und dann auch bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis zu Hause haben. Auch hier gibt es einen gleitenden Übergang zur Straftbarkeit: 51 bis 60 Gramm sind eine Ordnungswidrigkeit, darüber hinaus macht man sich auch hier strafbar.

Für sogenannte Cannabis Clubs sind höhere Besitz- und Anbaumengen erlaubt: Sie dürfen pro volljährigem Mitglied maximal 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat abgeben. Zugleich sind Clubs auf maximal 500 Mitglieder begrenzt.

Die Clubs, offiziell als „Anbauvereinigungen“ bezeichnet, benötigen eine behördliche Erlaubnis. Sie unterliegen zahlreichen Auflagen: Ein Mindestabstand von 100 Metern Sichtweite zu Schulen, Kitas und ähnlichen Einrichtungen ist einzuhalten. Die Anbauflächen müssen vor fremden Blicken geschützt werden. Sicherungsmaßnahmen gegen Einbrüche sind Pflicht. Es sind Gesundheits- und Jugendschutzkonzepte zu erstellen sowie umfangreiche Dokumentations- und Berichtspflichten zu erfüllen.

Wir haben dazu eine Checkliste für Cannabis Clubs in Deutschland entwickelt.

Verstöße werden hart bestraft. Zwar wurden die Bußgelder im neuesten Änderungsvorschlag teilweise abgemildert und liegen nun zwischen 10.000 und 30.000 Euro statt wie zuvor zwischen 30.000 und 100.000 Euro. Aber ob diese verhältnismäßig sind, wird weiter diskutiert.

Und schon der unerlaubte Besitz von mehr als 30 Gramm Cannabis kann bis zu drei Jahre Haft nach sich ziehen. Zum Vergleich: Wer in Kanada mit mehr als der erlaubten Höchstmenge von 30 Gramm ertappt wird, muss mit bis zu 5000 Dollar Geldbuße und bis zu sechs Monaten Gefängnis rechnen – milde im Vergleich zum deutschen Entwurf. Auch der US-Bundesstaat Illinois sieht lediglich ein Jahr als maximale Gefängnisstrafe vor, wenn man das erste Mal erwischt wird.

Der illegale Handel mit Cannabis soll in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Dieselbe Höchststrafe von fünf Jahren gilt für den illegalen Anbau – also bereits ab der vierten Pflanze.

Kritik aus der Cannabis-Szene

In der Cannabis-Szene stoßen die geplanten Regeln auf heftigen Widerspruch. Der Branchenverband Cannabis-Wirtschaft nannte die möglichen Bußgelder „absurd hoch“. Der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs wertete den ursprünglichen Gesetzentwurf als „verfassungswidrig überstreng und vermeidbar kompliziert“.

Nach Meinung des Deutschen Hanfverbands komme es einer „Kriegserklärung an Konsumenten“ gleich, schon den Besitz von ein paar Gramm über der erlaubten Menge hart zu bestrafen. Die vorgesehenen Obergrenzen seien zudem willkürlich gewählt, schließlich gebe es auch bei Alkohol oder Tabak keine Höchstmengen für den Privatbesitz. Zudem sei das generelle Konsumverbot rund um die Cannabis-Clubs lebensfremd.

Ein weiteres Problem sieht Rechtsanwalt Kai-Friedrich Niermann im Gespräch mit yippy Green im Tatbestandsmerkmal „Missbrauch zu Rauschzwecken“. Damit werden Produkte wie CBD-Blüten oder der seit Jahrhunderten bekannte Hanfbättertee auf dieselbe Stufe wie Cannabis gestellt, weil man sich über sie theoretisch berauschen könnte. Der Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel habe dagegen schon vor Jahren empfohlen, diesen Punkt zu streichen, weil es in der Praxis kein Missbrauchspotenzial gebe.

Internationaler Vergleich

Im internationalen Vergleich wirkt Deutschland mit seinem Entwurf restriktiv. In den Niederlanden können „Coffeeshops“ seit den 70er Jahren Cannabis verkaufen. Luxemburg und Malta erlauben Privatpersonen den Anbau von vier Cannabispflanzen.

Noch progressiver sind die Gesetze in Kanada und einigen US-Bundesstaaten. Hier ist der Besitz von in der Regel 28 Gramm Cannabis und oft sogar der Anbau von bis zu sechs Pflanzen erlaubt. Allerdings können auch dort harte Strafen drohen, wenn man die Höchstmengen deutlich überschreitet oder gegen andere Auflagen verstößt.

Thailand ist sicher eines der progressivsten Länder in Sachen Cannabis-Legalisierung – obwohl es ansonsten besonders streng mit Drogen umgeht. Cannabis-Produkte mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent sind seit 2022 legalisiert. Das hat einen enormen Boom ausgelöst: 5000 „Weed Shops“ soll es im Land bereits geben. Thailand war 2018 zudem das erste asiatische Land, das medizinisches Cannabis erlaubt hat. Der Eigenanbau von Cannabis hat in Thailand derzeit keinerlei Beschränkungen. Interessenten müssen sich lediglich registrieren. Ob es dabei bleibt, ist aktuell offen. Dennoch steht dieser liberale Ansatz im starken Kontrast zum deutschen Gesetzentwurf.

Ein weiteres Beispiel ist Uruguay, das Cannabis bereits 2013 legalisiert hat. Seit 2014 können Privatpersonen bis zu sechs Pflanzen anbauen und bis zu 480 Gramm pro Jahr ernten. Man vergleiche das mit den 25 Gramm aus dem deutschen Gesetz. Es gibt außerdem Cannabis Social Clubs und offizielle Abgabestellen. Interessierte können bis zu 40 Gramm Cannabis pro Monat kaufen. Die Regierung behält sich vor, Preis, Produktionsmengen und Qualitätsvorgaben festzulegen. Überwacht und reguliert wird der Cannabis-Markt in Uruguay von derselben Stelle, die auch für Alkohol, Tabak und Medikamente zuständig ist. Interessante Randbemerkungen: Der persönliche Besitz Drogen aller Art war nie illegal in Uruguay, nur der kommerzielle Handel.

Portugal wiederum hat 2001 den privaten Besitz aller als illegal angesehenen Drogen entkriminalisiert. Sie sind keine Straftaten mehr, höchstens Ordungswidrigkeiten. In Schwierigkeiten kann kommen, wer mit einem Drogenvorrat von mehr als zehn Tagen erwischt wird. In diesem Fall muss man bei einem Verwaltungsgremium vorstellig werden, das über Behandlungen, Geldstrafen oder Verwarnungen entscheidet – nicht aber Gefängnisstrafen. Drogenhandel und -anbau bleiben zugleich illegal und werden als Straftaten verfolgt. Generell werden Drogen in Portugal als gesundheitliches und nicht als strafrechtliches Problem angesehen.

Fazit

Das geplante Cannabisgesetz in Deutschland bleibt mit seinen Beschränkungen und Verboten hinter Liberalisierungen in anderen Ländern zurück. Die Regelungen sind oftmals komplex und dürften in der Wirklichkeit schwer einzuhalten und durchzusetzen sein. Aus der Cannabis-Community kommt heftige Kritik.

Andere Länder wie Uruguay, Thailand oder Portugal beweisen hier deutlich mehr Mut.

Themen: Cannabis