Bereits im alten Ägypten sollen die Pflanzenauszüge zur Anwendung gekommen sein. Die Erfolgsgeschichte nahm Anfang des 20. Jahrhunderts ein abruptes Ende. Was steckt hinter der Historie von Hanf, wie wird die Pflanze angebaut und welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es im Bereich der Medizin?
Derzeit ist die Nachfrage nach Hanfextrakten ungebrochen. Hanföl, CBD Öl, Dronabinol und HHC sind beliebt wie nie. Dadurch entsteht der Eindruck, dass es sich bei dem Hanfanbau um eine neue Erscheinung handelt. Tatsächlich blickt das Gewächs aber auf eine lange Tradition zurück. Schließlich gehört Hanf zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt.
Was ist Nutzhanf?
Bei Hanf handelt es sich um eine uralte Kulturpflanze. Marihuana und Haschisch sind Produkte bzw. Teile der Hanfpflanze und werden auf unterschiedliche Weise gewonnen. Die harzhaltigen, getrockneten Blüten der weiblichen Hanfpflanze und deren kleine Blätter werden als Marihuana bezeichnet. Als Haschisch bezeichnet man meist das gepresste Harz aus den weiterverarbeiteten Pflanzenteilen.
In Persien und China wurde das Gewächs vor rund 12.000 Jahren als Getreide angebaut. Die Erträge dienten zu Ernährung und zur Papier- sowie Kleidungsherstellung. Die alten Römer haben sogar Kriege angezettelt, um an das wertvolle Gut zu kommen. Im 13. Jahrhundert fasste die Hanfpflanze auch in Europa Fuß. Das lag insbesondere an den heilenden Eigenschaften, die dem Gewächs nachgesagt wurden. Kriegswunden wurden mit Cannabisblättern versorgt. Zudem wurden andere physische und psychische Leiden damit behandelt.
Fakt ist, Hanf war beliebt. Die erste Bibel von Guttenberg wurde im Jahr 1455 auf Hanf gedruckt. Kolumbus setzte auf den wertvollen Rohstoff, wenn es um Segeltuch und Tauwerk seines Schiffes ging. Selbst die ersten Entwürfe der US-amerikanischen Verfassung ruhten auf Hanfpapier. Allerdings nahm der Siegeszug der Hanfpflanze ein vorzeitiges Ende. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam eine Baumwollmaschine auf den Markt. Mit ihr konnten Naturfasern aus Baumwolle günstig hergestellt werden. Eine maschinelle Ernte und Verarbeitung von Hanf lag noch in weiter Zukunft. Das machte Nutzhanf zunehmend uninteressant. Nicht zuletzt deswegen, weil ein weiterer günstiger Rohstoff gefunden wurde: Jute. Während im Zweiten Weltkrieg noch Armeen auf Hanfbekleidung angewiesen waren, wurde dem Hanfanbau nach den Kriegshandlungen sein Ende beschert.
Hanf: Verwendungsmöglichkeiten
Häufig macht Hanf als Rausch- und Arzneimittel auf sich aufmerksam. Dabei kann das Gewächs noch für viele andere Produkte als Rohstoff dienen. Die Fasern im Stängel stellen sich außerordentlich widerstandsfähig dar. Deshalb können sie für die Herstellung von Seilen genutzt werden. Zudem lassen sich die Fasern zu einer Vielzahl weiterer Erzeugnisse verarbeiten. Darunter Schiffssegel, Lacke, Papier, Kleidung und andere Textilien. Vorteil dabei ist, dass die Produkte aufgrund der Fasereigenschaften besonders langlebig sind.
Nicht nur die Fasern, sondern auch die Frucht der Pflanze wird geerntet. Aufgrund des hohen Nährwertes und des wertvollen Eiweißes sind die Nussfrüchte der Hanfpflanze beliebt. Die als Hanfsamen bezeichneten Erträge dienen als Snack oder können als Topping für Joghurt, Müsli und Salat genutzt werden. Die Samen vereinen verschiedene Vitamine und andere Nährstoffe. Zudem stellen sie eine optimale Fettsäurezusammensetzung bereit. Hanfsamen machen sogar Sojabohnen Konkurrenz. Sie enthalten eine ähnlich hohe Eiweißkonzentration, werden aber besser verdaut. Eine gute Nachricht also für alle, die auf der Suche nach einer Eiweißquelle sind.
Einsatzmöglichkeiten von Hanf im Überblick
- Rohstoff für Kleidung und andere Textilien
- Grundlage für die Papierherstellung
- wertvolles Lebensmittel in Form von Hanfsamen
- Ausgangsmaterial für Schiffssegel
- zweckmäßig für die Produktion von Lacken
Inhaltsstoffe von Hanf
Hanf enthält u.a. folgende Inhaltsstoffe:
- 45% Fette, 28% Nahrungsfasern und 25% Protein
- Vitamin B: u.a. Folsäure, Riboflavin und Thiamin
- Stearidonsäure (SDA): dient als Quelle für Omega-3-Fettsäuren
10 gute Gründe für den Hanfeinsatz
Der deutsche Journalist Mathias Broeckers entwickelte das Einmaleins des Nutzhanfs und zeigte damit eindrucksvoll, weshalb Faserhanf zurecht einen Platz unter den wertvollen Rohstoffen verdient. Im Vordergrund stehen die Vielseitigkeit und ökologische Wertigkeit der Nutzpflanze.
1. Hanf ist ein wertvoller Rohstoff
Hanf besitzt einzigartige Eigenschaften, die zu der universellen Nutzung beitragen. Keine andere Pflanze hat eine derartige Vielseitigkeit.
2. Hanf ist unkompliziert
Das Hanfgewächs stellt keine großen Ansprüche. Die Pflanze ist weder wählerisch bei dem Boden noch bei dem Klima.
3. Hanf optimiert die Qualität des Bodens
Hanf soll sowohl die Bodenstruktur als auch die Fruchtbarkeit des Erdreiches verbessern.
4. Hanf ist nicht auf Pestizide angewiesen
Das Gewächs kann sich auch ohne fremde Hilfe schützen. Zudem verweist es Unkraut in seine Schranken. Ein eindeutiges 1:0 für die Hanfpflanze.
5. Hanf wächst im rasenden Tempo
Wenn etwas angebaut wird, sind Landwirte natürlich daran interessiert, die Ernte zügig einzufahren. Mit Hanf ist das möglich, da die Pflanze schnell wächst.
6. Hanf ist ergiebig
Mit Blick auf die gleiche Nutzfläche ist Hanf ergiebiger als Holz. Mit der Pflanze lässt sich im Endeffekt vier- bis fünfmal so viel Papier herstellen.
7. Hanf macht recyceln möglich
Papier aus Holz kann recycelt werden, das Gleiche gilt für Hanf. Allerdings sind Hanffasern deutlich robuster. Sie besitzen eine hohe Reißfestigkeit und können öfter recycelt werden.
8. Hanf macht Baumwolle Konkurrenz
Auch mit Baumwolle kann es das Gewächs aufnehmen. Mit Blick auf dieselbe Nutzfläche gelingt es, bis zu dreimal so viel Fasern wie mit Baumwolle zu gewinnen.
9. Hanf macht satt
Hanfsamen enthalten wertvolle Proteine und sind leicht zu gewinnen. Womöglich könnte Hanf den Kampf gegen den Hunger entscheidend unterstützen.
10. Hanf als ökologischer Unterstützer
Hanf kann sowohl als Biomasse als auch als Energieträger eingesetzt werden. So können z.B. Hanfreste in einer Biogasanlage zu Biogas umgemünzt werden. Damit lässt sich wiederum Strom und Wärme erzeugen.
Hanf als Rauschmittel oder Droge
Hanf ist besonders bekannt als Rauschmittel. Sowohl die Blüten als auch das Harz können konsumiert werden. Das Wirkspektrum ist von verschiedenen Faktoren abhängig. So spielen die Konsumformen (Essen oder Rauchen), die Hilfsmittel (Pfeife oder Joint) und der vorliegende THC-Gehalt eine Rolle. Die Rauschwirkung kann zudem durch die Umgebung, den Konsumentenerwartungen und nicht zuletzt vom individuellen Organismus beeinflusst werden. THC-reiche Sorten führen zu verschiedenen subjektiven Wirkungen, die vor allem psychische Effekte begünstigen. Der Konsument kann folgende vorübergehende Erfahrungen machen:
- Euphorische Grundstimmung
- Gefühl von Gelassenheit und Entspannung
- Entdeckung von kreativen Potenzial
- Gefühl von Leichtigkeit
- Gestörtes Kurzzeitgedächtnis
- Veränderte Wahrnehmung
- Zeit verstreicht gefühlt langsamer
- Verlangsamte Bewegungen
- Schnellerer Herzschlag
- Gemeinschaftsgefühl wird intensiviert (gemeinsames Herumalbern)
Die meisten Menschen empfinden den Konsum von Cannabis als wohltuend. Allerdings drohen durch Drogenmissbrauch auch akute und langfristige Folgen.
Akute Risiken beim Hanfkonsum
Cannabis wirkt in erster Linie auf die Psyche. Mit dem Konsum ist eine gewisse Unvorhersehbarkeit der Wirkung verbunden. Menschen, die noch keine Erfahrungen mit dem Gewächs gemacht haben oder jene, die hohe Dosierungen verwenden, können Angst und Panikgefühle entwickeln. Zudem können sie sich verwirrt zeigen oder Verfolgungsideen entwerfen. Von Konsumenten wird das möglicherweise als Horrortrip beschrieben. Die Störungen des Kurzzeitgedächtnisses können Erinnerungslücken begünstigen. Auch die Kommunikation und das Körpererleben können beeinträchtigt sein und so zu Unsicherheiten führen.
Langfristige Risiken beim Hanfkonsum
Wird Cannabis dauerhaft konsumiert, können sich die Aufmerksamkeit, Lernfähigkeit und Konzentration beeinträchtigt zeigen. Zudem kann sich das Risiko für Lungenkrebs erhöhen. Das liegt daran, dass Tabak bei dem Konsum beigemischt wird. Noch ist nicht vollständig geklärt, ob Cannabis das Hormon- und Immunsystem negativ beeinflussen kann. Neben den körperlichen Folgen drohen psychische und soziale Benachteiligungen. Langzeit-Konsumenten können sich antriebslos oder gleichgültig gegenüber alltäglichen Aufgaben zeigen. Zudem wird vermutet, dass Cannabis womöglich zu Psychosen beitragen kann.
Auch ein Rückzug aus dem sozialen Leben ist möglich. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Abhängigkeit existiert. Es besteht kein Zweifel, dass Cannabis als Rauschmittel abhängig machen kann. Bei dem regelmäßigen Gebrauch fällt es schwer, den Konsum zu verringern oder ganz aufzugeben. Entzugserscheinungen wie Ängstlichkeit, Unruhe und Schwitzen oder die Sehnsucht nach Cannabis können auftreten.
Was ist der Unterschied zwischen Hanf und Cannabis?
Cannabis ist die lateinische Bezeichnung für Hanf. Der reine Begriff deutet nicht darauf hin, wie stark psychoaktiv das Gewächs wirkt. Hanf kann ebenso als Synonym für berauschendes Kraut genutzt werden. In der Regel wird das Wort Cannabis aber gebraucht, um Sorten zu beschreiben, bei denen der THC-Gehalt über 0,2 % liegt. Der Begriff Hanf bezeichnet vielmehr Pflanzen, die mit einem geringen Anteil an Tetrahydrocannabinol (THC) auskommen. Der Anbau solcher Pflanzen wird in erster Regel angestrebt, um Produkte für den Alltag zu fertigen.
Hanf: Welche Arten gibt es?
Innerhalb der EU gibt es 67 Sorten von Nutzhanf, auch als Industriehanf bezeichnet, die zugelassen sind. Wenn es um Hanf und Cannabis geht, sollte stets eine Unterscheidung zwischen THC-armen und THC-reichen Pflanzen gemacht werden. Generell gilt: aus THC-freien Hanfsorten lassen sich keine Rauschmittel herstellen. Sie eignen sich ausschließlich dafür, Fasern und Samen zu gewinnen, um damit alltägliche Produkte herzustellen.
Die europäische Union hat die Subventionen mit Blick auf die Hanfpflanze um ca. ein Drittel zurückgefahren. Das tut dem Erfolgskurs der Nutzpflanzen aber keinen Abbruch. Sie können zunehmend auf deutschen Äckern bestaunt werden. Die EU-Länder erlauben den Anbau verschiedener Sorten. Legale Arten sind im EU- Sortenkatalog gelistet. Alle Sorten haben etwas gemeinsam: Sie fallen nicht unter die Rauschmittel, da der Gehalt in Bezug auf die psychoaktive Substanz Tetrahydrocannabinol unter 0,2 % liegt. Damit handelt es sich automatisch um Nutzhanf.
EU-Sortenkatalog: Aktuelle legale Hanfsorten
Insgesamt 67 Hanfsorten sind aktuell im Sortenkatalog für 2020 verzeichnet. Die Sorten Bialobrzeskie und Carmagnola dürfen in diesem Jahr nicht mehr in Deutschland angebaut werden, da sie den zulässigen THC-Höchstgehalt in den letzten zwei Jahren überschritten haben.
Alle Hanfsorten im Überblick von A-Z
- A: Armanca, Austa SK
- B: Balaton, Beniko
- C: Cannacomp, Carma, Carmaleonte, Chamaeleon, Codimono, CS
- D: Dacia Secuieni, Delta-405, Delta-Ilosa, Denise, Diana, Dioica 88
- E: Earlina 8 FC, Eletta Campana, Epsilon 68
- F: Fedora 17, Felina 32, Ferimon, Fibranova, Fibrante, Fibrol, Fibror 79, Finola, Futura 75, Futura 83
- G: Glecia, Gliana, Glyana
- H: Henola
- I: Ivory
- K: KC Bonucz, KC Dora, KC Virtus, KC Zuzana, KCA Borana, Kompolti, Kompolti hibrid TC
- L: Lipko, Lovrin 110
- M: Marcello, Markant, MGC 1013, Monoica
- O: Orion 33
- R: Rajan, Ratza
- S: Santhica 23, Santhica 27, Santhica 70, Secuieni Jubileu, Silvana, Succesiv, Szarvasi
- T: Teodora, Tiborszallasi, Tisza, Tygra
- U: Uniko B, Uso-31
- V: Villanova
- W: Wielkopolskie, Wojko
- Z: Zenit
Hanf anbauen: Rechtliche Lage und Anforderungen
Der Anbau von Faserhanf ist in der EU und in Österreich geregelt. Das gilt sowohl für sorten- als auch für saatgutrechtliche Belange. Wie bereits erwähnt, ist dafür der Sortenkatalog der EU maßgeblich. In dem Fall fallen die Hanfsorten nicht unter das Suchtmittelgesetz, da der maßgebliche THC-Gehalt nicht überschritten wird. Mit dem Anbau können Samen, Blätter und Fasern gewonnen werden.
Bei THC-haltigen Blüten- und Fruchtbeständen ist die Lage anders. Hier findet das Suchtmittelgesetz für medizinische oder wissenschaftliche Zwecke Anwendung. Auch Gewerbetreibende müssen eine Berechtigung zur Produktion von Arzneimitteln besitzen.
Bis eine Sorte eine Zulassung erhält, dauert es einige Zeit. Zunächst muss eine eingehende Prüfung erfolgen. Dabei werden verschiedene Merkmale unter die Lupe genommen. Erst bei einem positiven Ergebnis darf die Sorte offiziell angebaut werden.
Hanfanbau: Hanf ist anspruchslos
Was die Hanfpflanze für Landwirte so besonders interessant macht, ist der Umstand, dass sie sehr anspruchslos ist. Das Gewächs gedeiht fast auf jedem Boden. Besonders gut gelingt das auf kalkhaltigen, humosen, tiefgründigen Böden. Zudem sollte das Ackerland über genügend Nährstoffe und eine ausreichende Wasserversorgung verfügen. Hanfpflanzen bevorzugen einen pH-Wert im Bereich neutral bis leicht basisch. Staunässe setzt dem Gewächs allerdings zu. Die Hanfpflanze übersteht sogar leichte Frosttemperaturen.
Auch die Fruchtfolge stellt sich als problemlos dar. Hanf wächst besonders gern in Anschluss an Kleegras oder Leguminosen. Darüber hinaus kann die Pflanze auch als Vorfrucht dienen, denn sie vertreibt Unkraut und lockert den Boden auf. Beeindruckend ist die Größe, die Hanf in überschaubarer Zeit erreichen kann – bis zu vier Meter kann die Pflanze hoch werden.
Hanf als Arzneimittel
Hanf kann auch als Arzneimittel dienen. Dafür kommen Sorten in Betracht, die einen gewissen Anteil THC (Dronabinol) enthalten. Diese fallen allerdings nicht mehr unter die Kategorie Nutzhanf. Verschiedene Studien sind zu dem Schluss gekommen, dass die enthaltenen Cannabinoide im Cannabis lindernde Eigenschaften besitzen. Während CBD insbesondere gegen Entzündungen, Krämpfe und Ängste wirken soll, wird THC, zum Beispiel in Form von Dronabinol Lösung eingesetzt, um Schmerzen zu lindern.
Der Vorteil liegt darin, dass es sich um einen natürlichen Extrakt handelt. Menschen fragen sich in dem Zusammenhang häufig, ob das „Dronabinol absetzen“ zum Problem wird. Allerdings betonen einige Experten, dass die Dronabinol Einnahme wohl nicht zu Entzugserscheinungen führe. Darauf deuten auch verschiedene Untersuchungen hin. Das liegt daran, dass THC in Form von Arzneimitteln niedriger und stets gleich dosiert wird. Bei Cannabis Tropfen sollte stets die Packungsbeilage genau studiert werden. Bestehen Unsicherheiten, hilft der behandelnde Arzt weiter.
Studien und Quellen
- https://www.uptodate.com/contents/cannabis-use-and-disorder-epidemiology-comorbidity-health-consequences-and-medico-legal-status
- https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/Landwirtschaft/Nutzhanf/Sortenliste.pdf?__blob=publicationFile&v=10
- https://link.springer.com/article/10.1007/s00415-012-6634-z